Chronologie meines Unfalles.

Der Unfall ist ca. 10 km von daheim entfernt auf der letzten Fahrt des Sommers 2000 am 17.Oktobert passiert. Eine damals 78-jährige Dame (Schweizerin!) ist mit ihrem Honda Civic ca. 8 Meter vor mir aus einer Querstraße von rechts raus gekommen, obwohl wir auf völlig einsehbarer Kreuzung bei wolkenlosem Wetter (scheinbar) Blickkontakt hatten.
Ich bin mit meiner Honda VFR mit ca. 50 km/h Resttempo nach ganz kurzer Vollbremsung stumpf eingeschlagen, hab' mich um den linken Kotflügel des Autos "gewickelt" und bin dann "abgebröselt".
Auf der Straße liegend bzw. am linken Vorderrad des Autos lehnend war der erste Gedanke ein belustigtes (tatsächlich!) "ich einen Unfall, kann doch nicht sein!", dann kam sofort der Bewegungsversuch von Händen und Füssen, weil die Angst vor einer Rückenverletzung da war.
Der Versuch, aufzustehen, hat nicht funktioniert. Bei der Analyse, wieso, fiel mir erst mein seltsam geknickter, linker Unterarm auf (den ich nach manueller "Korrektur" des neuen 90°-Winkels vom Handschuh befreit habe, um den "schmerzverbergenden" Schock zu nützen), danach sah ich, dass mein rechter Unterschenkel völlig absurd nach links lag, obwohl er nach rechts hätte liegen müssen.
Mein bester Freund, der knapp hinter mir gefahren war, kam näher und war so bleich, dass ich ihm riet, sich zu setzen, um nicht zu kollabieren. Dann bat ich ihn, mir den Helm abzunehmen, weil ich bereits wüsste, dass mein Hals nichts hätte und erklärte ihm, dass ich "die Skisaison vergessen könne", er solle sich doch mein Bein ansehen und außerdem "rinnt da irgendetwas, das ist sicher eine richtige Schweinerei". Im übrigen solle er Thomas (Univ.-Doz. Dr. Bochdansky) anrufen, damit er entscheiden möge, was mit mir geschehen solle.
Kurz bekam ich dann Angst, weil Atemprobleme, Blut im Hals und Brustschmerzen auftraten und mir einer meiner besten Freunde einfiel, der bei einer Rallye 3 Wochen davor nach einem mehrfachen Highspeed-Überschlag und ebendiesen Symptomen aufgrund eines Luftröhren-Abrisses verstorben war.
Nach Eintreffen des Arztes und der Erstversorgung empfand ich das weitere Geschehen (Sauerstoff, Infusionen, diverse Vorbereitungen zum Transport, Diskussion und Funksprüche, ob Hubschrauber und in welches Krankenhaus) als interessant, aber keinesfalls beängstigend. Der Gedanke, dass es offensichtlich ernst um mich stünde, war für mich - so skurril das klingt - wieder belustigend.
Dann setzt meine Erinnerung erst wieder ein, als mich 4 Tage später jemand mit eindringlicher Stimme und grüner Maske beschwor: "Du musst atmen" und ich das Gefühl hatte, ich könnte nicht. Später erfuhr ich, dass man mich knapp davor und 6-7 Tage früher, als geplant, von der Beatmung befreit hatte, weil meine Lunge sich überraschend schnell regeneriert hatte.
Die Erkenntnis, dass mein Kniegelenk betroffen sei, war ein arger Tiefschlag, weil ich trotz meines erbärmlichen Zustandes dauernd daran dachte, wann ich wieder Sport betreiben könnte bzw. ob es wieder möglich sein würde, Ski zu fahren und zu laufen, wie vor dem Unfall.
Die Dinge haben sich allerdings bald relativiert, nachdem ich realisiert hatte, wie knapp es denn eigentlich war, aber auch, weil ich in der Intensivstation neben einem 20-jährigen Burschen lag, der ab dem 3. Halswirbel abwärts gelähmt war. Wieviel Glück hatte ich dagegen gehabt!
Ab dem 5.Tag begann ich mit all meiner (geringen) Kraft um die Wiederherstellung zu kämpfen. Sehr zur Belustigung des Pflegepersonales versuchte ich, die Sauerstoffsättigung mittels eines erbettelten Windrades zu verbessern, wollte mir selbst die Zähne putzen (was mir aus Unfähigkeit, die Zahnbürste länger als 15 Sekunden zu halten, nicht gelang) und versuchte nächtens mit kräftigem Husten meine Lunge vom Sekret zu befreien, während eine Schwester mit beiden Händen meinen Brustkorb komprimierte, damit ich's aushalt.
Nach ca. 4 Wochen kam ich aus dem KH und begann, so gut es ging, mit intensiver Rehab. Alleine daheim, mit diesen Verletzungen, zusätzlich mit einer schweren, handtellergroßen Verbrennung auf Steißbeinhöhe nach einem Kunstfehler während der Erstversorgung im KH, nur sehr eingeschränkt mobil, war’s allgemein eine spannende Situation.
Bei einer Kontroll-Untersuchung 5 Wochen nach dem Unfall fielen mir Unregelmäßigkeiten auf dem Röntgenbild meines Knies auf. Nachdem die Auskunft, die ich auf meine Fragen dazu vom behandelnden Arzt ausweichend war, erbat ich mir Kopien der Bilder und kontaktierte Thomas (Bochdansky).
Danach ging’s schnell. Nochmalige Untersuchung (MR, KT) bei OA Dr. Leixnering (ein Top-Chirurg im Lorenz-Böhler-Unfall-KH in Wien), Feststellung des katastrophalen Zustandes, der keine Hoffnung auf Verwendung des Gelenks in diesem Status zuließ.
In weiterer Folge Untersuchungen bei den namhaftesten Sport-/ Unfall-Chirurgen Österreichs, die mir mehr oder weniger schonungslos („Furchtbar, so etwas hab’ ich noch kaum gesehen, das ist inoperabel“, „Wennst auf Knien gerutscht kommst, mach’ ich’s vielleicht, aber reißen tu ich mich nicht drum“, Zitate) jede Illusion, wieder Sport betreiben zu können, nahmen.
Letztendlich brachte mich Thomas Bochdansky dann zu Univ.-Prof. Dr. Karl Benedetto, u.a. langjähriger „Reparateur“ der österreichischen Skifahrer, der mir nach intensiver Untersuchung und deutlicher Illustration aller Risken anbot, mich im LKH Feldkirch umgehend noch einmal zu operieren. Seine Kernaussage: „Es gibt keine Alternative, man muss es versuchen“.
Am 6.12.2000 um ca. 11.30 h sagte ein Mann mit grünem Mantel, grüner Mütze, grüner Maske – Benedetto, den ich nur nebulos wahrnahm - zu mir, der ich nach einer Marathon-OP frierend und mit schlimmen Schmerzen und noch mehr drüben, als herüben im Aufwachraum lag: „Ich hab’s super erwischt, ich komm’ nachher noch einmal vorbei“.
Damit begann ein – für mich wunderschöner und wertvoller - Weg zurück, der bisher u.a. unzählige Physiotherapie-Stunden mit Thomas Bochdansky, mehr als 80.000 km auf dem Ergo (nach Trainingsprogrammen von Dr. Bernd Pansold), viele Schwimm-Kilometer, einige Radmarathons, aber bis Anfang November 2004 keinen Lauf-Kilometer beinhaltet hatte.